Der Freiflug war an der Entwicklung der Luftfahrt maßgeblich beteiligt: erst
flogen die Modelle, dann der Mensch. Wolf Hirth, der große deutsche
Segelflugpionier, sagte es so: "Modellflug ist kein
Broterwerb, aber für den technisch eingestellten Menschen unserer Tage schön und
so beglückend wie Musik für den Gefühlsmenschen früherer Zeiten".
Wie anders wäre es schon zu erklären, dass sich viele über Jahrzehnte, ja
vielleicht ein Leben lang mit dem Freiflug beschäftigen. Und das, ohne an
großartigen Wettbewerben teilzunehmen oder unbedingt Titel und Auszeichnungen zu
erringen. Sie sind einfach von der Möglichkeit fasziniert, Flugobjekte zu
entwickeln, zu bauen und im Flug zu erproben.
1848 fing es mit dem Engländer Stringfellow an. Er baute ein Freifliegendes
Motorflugmodell, welches er von einer Startrampe in einer Halle startete. Es
flog im freien Flug ca. 40 m. Die technischen Daten waren beachtlich: Spannweite
3,00 m, Flügeltiefe 60 cm, Profil leicht gewölbt, Antrieb war eine winzige
Dampfmaschine mit einer 4-Blatt-Luftschraube von ca. 40 cm Durchmesser. Das
Gesamtgewicht betrug 4 kg. |
Der wirkliche Beginn des Freifluges war 1871. Der geniale Franzose Alphonse
Penaud entwickelte ein Freifliegendes Gummimotormodell, zum Teil mit
aerodynamischen Merkmalen, die heute noch gültig sind. Sein Flugmodell hatte
neben dem Tragflügel noch eine Stabilisierungsflosse, seinerzeit Penaud-Steuer
genannt. Es entspricht unserem heutigen Höhenleitwerk. Außerdem schränkte er die
Tragflügelenden negativ, um den Flug zu stabilisieren. Sensationell für die
damalige Zeit und wegweisend für die Entwicklung der gesamten Luftfahrt.
Die technischen Daten: Spannweite 48 cm, Flügeltiefe 11 cm, Länge 50 cm, Antrieb
Gummimotor, Gummigewicht 5 g, Gesamtgewicht 16 g. Wir würden dieses Modell heute
als Saalflugmodell bezeichnen. Penaud startete das Modell aus der Hand und es
flog in ca. 13 sec eine Strecke von 60 m.
Penaud erhielt auf seine Konstruktion ein Patent und führte sein Flugmodell den
gelehrten Mitgliedern der Gesellschaft für Luftschifffahrt in Paris vor. Keiner
der anwesenden Gelehrten erkannt die Bedeutung dieses historischen Augenblicks.
Das Freifliegende Flugmodell überraschte durch seine stabilen Flüge. Die
gelehrten Herren betrachteten die Flugvorführungen nur als Spielereien eines
Phantasten und mit ihrer akademischen Würde nicht vereinbar.
Penaud hatte mit seiner Beobachtungsgabe und seinem Verstand folgend das erste
wirklich stabil fliegende und angetriebene Flugobjekt entwickelt. Doch er war
seiner Zeit so weit voraus, dass ihn keiner verstand. Er starb in tiefer
Verzweiflung.
Einige Jahre später, 1877, gelangen dem Klavierbauer Wilhelm Kreß aus Wien
(in Wien ist ein Platz nach Ihm benannt)
ebenfalls Flüge mit Freifliegenden Modellen. Sie waren auch mit einem Gummimotor
angetrieben.
Kreß kam 1873 nach Wien, wo er 1877 das erste frei schwebende
Drachenfliegermodell zum Fliegen brachte. Bis dahin galt die Regel, dass nichts,
was "schwerer als Luft" sei, fliegen könne. Der Start eines ersten
Motorflugzeugs auf dem Wienerwald-Stausee misslang 1901 wegen eines zu schweren
Motors. Der für den Flugversuch zu spät gelieferte Motor (35 PS) war doppelt so
schwer wie vertraglich zugesichert, wodurch sich die Schwimmer des Flugzeugs
erst knapp vor dem gegenüberliegenden Ufer aus dem Wasser hoben. Eine starke
Windbö ließ das Wasserflugzeug im 4. Versuch sinken.
2 Jahre später gelang in den USA den Brüdern Wright der erste erfolgreiche
Motorflug. Kreß erfand um 1900 den Steuerknüppel zur kombinierten Steuerung.
Die "echten Flugzeuge" waren einige Jahre später dran. Otto Lilienthals
erste Gleitflüge waren 1891, der erste Motorflug der Gebrüder Wright war 1903
(übrigens in 12 sec 53 m).
Als der Engländer Sir Charles Wakefield 1927 einen Wanderpreis für einen
internationalen Wettbewerb für Freiflugmodelle stiftete, begann die
Wettbewerbsgeschichte des Freiflugs. Bis 1937 war dieser Wettbewerb eine
ausschließlich Anglo-Amerikanische Angelegenheit.
In den 30er Jahren nahm der Freiflug in Deutschland einen gewaltigen Aufschwung.
Besonders zu erwähnen sind die aerodynamischen Arbeiten des Physikers F.W.
Schmitz, der erstmals gründlich die strömungstechnischen Probleme des Freiflugs
im Bereich niedriger Reynoldscher Zahlen (Re = 20 000 bis 200 000) untersuchte.
Der Krieg unterbrach dann alle Aktivitäten. Mit Kriegsende wurde von den
Alliierten sämtliche fliegerischen Tätigkeiten untersagt.
Mitte der 50er Jahre ging es wieder richtig los. Die deutschen Freiflieger
durften wieder international starten und auch internationale Wettbewerber
veranstalten. 1955 wurde Gustav Sämann Wakefield-Weltmeister und Rudolf Lindner
Weltmeister in A2. Weitere Wakefield-Weltmeister aus Ost- und Westdeutschland
waren Joachim Löffler (1963), Albrecht Oschatz (1969), Lothar Döring (1981 und
1983) und Reiner Hofsäss (1985). F1C-Weltmeister wurden Hans Seelig und Franz
Baumann.
(Hans Feller, leicht gekürzt)
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Er erkannte folgenden drei grundlegende
Thesen:
1., eine starre Flügelanordnung mit Profileinrichtung erlaubt genügend
Flugstabilität zu erreichen.
2., verdrillte Gummistränge die direkt die Luftschraube antreiben bewirken einen
bedeutend höheren Wirkungsgrad
3. Penaud wandte erstmalig ein Berechnungssystem an, um aus Motorleistung,
Wirkungsgrad der Luftschraube und Gewicht des Modells zu seinem "Planophore" zu
gelangen.
1871 gelang es ihm, bei einem 13 Sekunden langen Flug mit seinem "Planophore"
eine Strecke von 60 Metern zurückzulegen, bis es gegen ein Hindernis prallte.
Die "Planophore" hatte eine Spannweite von 480 mm, eine Rumpflänge von 500 mm
und eine Flächentiefe von 100 mm. Sie war mit einem V-Leitwerk ausgestattet. Von
Ihren 16g Gewicht entfielen 5g Gewicht für den Gummistrang. Die Luftschraube
hatte eine Drehzahl von (?) 250 U/min. Seine Versuche mit einem bemannten
Flugapparat blieben erfolglos. |